Entscheidungen und Ziele – Scheitern und Erfolg

Veränderung ist die einzige Konstante im Leben und trotzdem tun sich viele von uns sehr schwer mit ihr. Sie wird meist von Angst und Unsicherheit begleitet. Dieser Beitrag und die dazugehörige Podcastfolge (Spotify) möchten euch eine Anleitung geben, wie ihr besser Entscheidungen trefft (was wichtiger ist als bessere Entscheidungen zu treffen) und wie ihr die unausweichliche Veränderung die Scheitern und auch Erfolg mit sich bringen besser navigieren könnt.

Entscheidungen
Die meisten Menschen sind nicht besonders gut darin Entscheidungen zu treffen. Ständiges Hinterfragen, wieder Umentscheiden und Zweifeln raubt nicht nur viel Energie, sondern kann auch lähmend wirken. Oft denken wir: „Ich brauche mehr Zeit!“ oder „Ich weiß nicht, was ich tun soll“. Solche Aussagen entmachten und verlängern die unangenehme Phase der Unentschlossenheit.

Ein Ausgangspunkt ist immer vorhanden, auch bei einer großen Entscheidung hilft es, einfach anzufangen. Mach es wie die wasserscheuen Bisons, die bei den ihnen verhassten Unwettern zum Sturm hin und hindurch rennen, um so die Zeit im Regen zu minimieren. Ein bisschen Mut und beherztes Handeln schaffen Erleichterung. Du musst dabei nicht 100 % von deiner Wahl überzeugt sein, Unsicherheit ist erlaubt.

Mach dir bewusst, dass wir bei großen Lebensentscheidungen nie herausfinden werden, ob eine alternative Entscheidung besser oder schlechter gewesen wäre. Gedankenexperimente, was wäre, wenn… ich stattdessen ein Handwerk gelernt / die Einladung von X auf den Kaffee angenommen / ein Jahr in Südamerika gelebt / den Job in Berlin angenommen / heute einen anderen Weg zur Arbeit genommen / … hätte können unterhaltsam sein, sind jedoch unmöglich zu beantworten. Verabschiede dich von der Illusion, die optimale Entscheidung zu finden, sondern arbeite daran, dass die Entscheidung, die du triffst, für dich funktioniert.

Die Havard-Professorin Ellen Langer brachte dies mit: „Don’t make the right decision – make the decision right.“ auf den Punkt.

Ein praktisches Tool ist die BRAINS-Methode. Das Akronym B-R-A-I-N-S steht dabei für die folgenden Kategorien, deren Frage nacheinander beantwortet werden:

Benefits (Vorteile): Welche positiven Dinge könnten passieren?
Risks (Risiken): Welche negativen Dinge könnten passieren?
Alternatives (Alternativen): Welche anderen Möglichkeiten habe ich?
Intuition (Intuition): Was sagt mein Bauchgefühl?
Nothing (Nichts): Was würde passieren, wenn ich nichts tue?
Smile (Lächle): Akzeptiere die Entscheidung, die du getroffen hast.

Entscheidungen fallen außerdem leichter, wenn wir unsere Werte und Ziele klar vor Augen haben. Dies erfordert zwar etwas Vorarbeit (allein oder mit einem Coach), doch diese Klarheit zahlt sich aus, indem sie uns einen inneren Kompass gibt. Dieser hilft uns, regelmäßig zu prüfen, ob wir uns im großen Ganzen noch auf dem richtigen Weg befinden.

Wie bei allem gilt: Übung macht den Meister. Je öfter du beherzt Entscheidungen triffst, desto leichter wird es dir auch bei „großen“ Alternativen fallen. Beginne am besten mit kleinen Entscheidungen. Übe im Restaurant ein Gericht zu bestellen und dann nicht sehnsüchtig auf den Teller des Nachbarn zu schielen und deine Wahl zu hinterfragen.

Ziele
Viele Menschen erliegen einer Ankunftsillusion: Sie glauben, dass sie endlich dauerhaft glücklich sein werden, wenn sie nur ein bestimmtes Ziel erreicht haben. Doch in Wahrheit gewöhnen wir Menschen uns sehr schnell an positive Veränderungen und haben oft unrealistische Erwartungen an zukünftige Ereignisse. Sei es die nächste Beförderung, die Veröffentlichung eines Buches, endlich den Partner fürs Leben zu finden, 20 kg abzunehmen, das Haus mit Garten oder das Auswandern in ein fernes warmes Land, nehme dir vor, was dein Herz begehrt, feiere dich, wenn du es schaffst, aber erwarte nicht, dass sich deine innere Stimme und Stimmung von jetzt auf gleich grundlegend ändern, nur weil du dein Ziel erreicht hast.

Richtig eingesetzt, können Ziele jedoch nicht nur die äußeren Umstände, sondern auch die innere Landschaft verändern. Hierbei ist es grundlegend wichtig, dass ein Ziel nicht aus einem wahrgenommenen Mangel definiert wird, mit der Implikation, dass der eigene Wert daran hängt, ob man schafft, das zu erreichen, was man sich vorgenommen hat. Beispielsweise wird gerade Frauen oft eingeredet, dass sie nur (liebens-)wert sind, wenn sie bestimmten gesellschaftlichen „Schönheits“-Standards entsprechen. Diese Fehlannahme vergiftet oft die eigenen Gedanken und führt zur Verschwendung von geistigen und materiellen Ressourcen.

Auf der anderen Seite kann das Ziel auf unseren Körper gut zu achten, ihn zu nähren, zu stärken, zu liebevoll bewegen, seine unter Stress angelegten Vorräte sachte aufzubrauchen und uns selbst artgerecht zu halten ein Akt der Selbstliebe sein, ohne im aktuellen Zustand des Körpers ein verachtenswertes Defizit zu sehen.

Rein statistisch haben wir viel mehr Anlässe unsere Erfolge zu feiern, je mehr kleinere (und größere) Ziele wir uns setzten. Wir bauen das Vertrauen auf, dass wir fähig sind, dass zu erreichen, was wir verfolgen. Wir stärken unsere Selbstwirksamkeit und üben anerkennend und positiv über uns selbst zu denken und zu sprechen.

Hast du ein „positives“ Ziel gefunden, was zu deinen Werten passt und an dem du dein zukünftiges Handeln ausrichten möchtest? Scheue dich nicht großartig oder sogar größenwahnsinnig zu denken. Scheitern ist erlaubt. Nun geht es daran konkret zu werden? Woran wirst du erkennen, dass du es erreicht hast? Wir können darauf hinarbeiten, erfolgreich oder glücklich zu sein, werden aber nie ankommen, wenn es keine klare Ziellinie gibt. Achte darauf die Zielposten nicht kontinuierlich zu verschieben. Schnell wird das Vorhaben „ein Buch schreiben“ zum ambitionierten „ein Buch veröffentlichen“ und plötzlich wird noch ein vages „erfolgreich“ eingeschoben. Schreibe das erste Kapitel und feiere dies, gehe dann erst zum nächsten Schritt über.

Optimistisch und hoffnungsvoll zu sein, schließt nicht aus, auch potenzielle Herausforderungen und Schwierigkeiten zu antizipieren. Durchdenke, welche Steine in deinem Weg liegen könnten und mache einen Plan, wie du damit umgehen wirst.

Nicht zu unterschätzen ist, wie unangenehm es sich anfühlt, die eigene Komfortzone zu verlassen. Hierbei ist es wichtig, dass wir uns daran erinnern, dass auch wenn sich etwas
unangenehm anfühlt, dies nicht bedeutet, dass wir unfähig sind. Trotz Angst etwas zu wagen, ist die Definition von Mut. Hier liegt das größte Potential für persönlichen Wachstum.

Scheitern
Was passiert nun, wenn du trotz guter Vorbereitung und großer Anstrengung dein Ziel nicht erreicht hast? Scheitere heiter. Du hattest ein ambitioniertes Ziel gewählt, klopfe dir dafür auf die Schulter. Du hast etwas gewagt. Die Angst vorm Scheitern hält uns oft davon ab, etwas Neues anzugehen. Auch hier hilft die Übung. Je routinierter du im Scheitern bist, desto mutiger kannst du dich großen Projekten widmen.

Das Scheitern kann dir wesentlich mehr Informationen liefern als das Erreichen eines Ziels. Nachdem du der Enttäuschung Raum gegeben hast, ist es an der Zeit zurückzublicken:

Was lief gut?
• Was lief nicht so gut?
• Was wirst du beim nächste Mal anders machen?
• Wobei brauchst du Hilfe?

Du darfst das gleiche Ziel immer wieder in Angriff nehmen, allerdings mit Neugierde und Spaß statt Verbissenheit und Perfektionismus.

Erfolge
In meiner Arbeit als Coach erlebe ich immer wieder, wie schwer es vor allem Frauen fällt, ihre Erfolge wahrzunehmen und zu feiern. Dabei gibt es bei genauerem Hinsehen oft eine ganze Reihe von Gründen auf den Tischen zu Tanzen. Sich getraut zu haben, ein ambitioniertes Ziel anzugehen, heiter gescheitert zu sein, für sich selbst eingestanden zu sein, statt dem inneren Kritiker der liebevollen inneren Stimme das Mikrofon gegeben zu haben, sich schuldgefühlfrei Zeit für Erholung genommen zu haben, sind genauso Gründe zum Feiern wie die gelungene Präsentation, das Durchsetzten eines Sabbaticals oder die Nominierung für einen Kunstpreis.

Veränderungen entstehen sowohl durch äußere Einflüsse als auch durch unsere eigenen Entscheidungen. Beides erfordert den Umgang mit Unsicherheit, die leichter zu bewältigen ist, wenn wir uns über unsere Ziele im Klaren sind und uns innerlich gut unterstützen.

Gerne begleite ich dich durch 1:1 online Coaching. Anfragen gerne an hello@juliapouly.com


Dieser Blogartikel begleitet die Podcastepisode „Ziele und Entscheidungen“ (von „Die Psychologinnen„), verfügbar überall wo es Podcast gibt. 

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