In der Episode „Körper, Geist und Gefühle – Embodiment im Alltag“ beleuchten wir, wie Körper und Psyche zusammenwirken und sich gegenseitig beeinflussen – in Beziehungen, bei Stress oder alltäglichen Entscheidungen. Was passiert, wenn wir Körpersignale ignorieren? Und wie können wir Embodiment gezielt nutzen, um unser Wohlbefinden zu fördern?
Was ist Embodiment?
Embodiment bedeutet Verkörperung und beschreibt, wie körperliche Zustände unsere Emotionen, Gedanken und unser Verhalten beeinflussen und umgekehrt. Unser Denken und Verstehen steht immer in Bezug zu unserem Körper. Körper und Gehirn sind eng also miteinander und mit der Umwelt verknüpft. Embodiment bezieht sich darauf, wie wir Lebenserfahrungen im Laufe unserer Entwicklung im Körper abspeichern. Diese verkörperten Erfahrungen zeigen sich in Form von Verhaltensgmustern, Anspannungen und dem körperlichen Erleben von Emotionen und Stimmungen.
Bereits im Mutterleib entwickeln wir die Fähigkeit zur verkörperten Selbstwahrnehmung. Körperlich-emotionale Erfahrungen in der frühen Kindheit prägen unser Erleben und Verhalten bis ins Erwachsenenalter.
Unsere Fähigkeit zur verkörperten Selbstwahrnehmung entwickelt sich schon vor der Geburt. Wir erwerben die Fähigkeit, innere Körperprozesse wahrzunehmen – zum Beispiel unseren Herzschlag oder Hunger. Wenn Babys im Mutterleib anfangen, am Daumen zu saugen bilden sie Körperschemata aus, die beschreiben, wie der Körper seine eigenen Bewegungen automatisch koordiniert. So entstehen „innere Bilder“ von Vorgängen im Körper, die im Hirnstamm und Hypothalamus abgespeichert werden.
Verkörperte Selbstwahrnehmung ist ein einfaches Gefühl für das Selbst. Bereits ein Säugling kann genug wahrnehmen, um an der Brust Vergnügen zu maximieren und Missvergnügen in Mund und Bauch zu minimieren. Diese frühen Erfahrungen und alle späteren emotionalen, sensorischen und motorischen Eindrücke werden im Gehirn als Erregungsmuster abgespeichert. Diese Erregungsmuster, auch implizites Beziehungswissen genannt, beeinflussen unser inneres Erleben bis ins Erwachsenenalter.
Auch unsere zwischenmenschlichen Beziehungen in den ersten drei Lebensjahren prägen unsere verkörperte Selbstwahrnehmung maßgeblich. Diese frühen Erfahrungen bilden das Fundament für unser Annäherungs- oder Vermeidungsverhalten und beeinflussen lebenslang unsere Verhaltensmuster und damit unsere mentale und körperliche Gesundheit.
Welche Forschungsergebnisse gibt es zu Embodiment?
Die Forschung zum Embodiment hat zahlreiche interessante Erkenntnisse hervorgebracht. Eine bekannte Theorie ist die Facial Feedback Hypothese, die besagt, dass die Rückmeldung der Gesichtsmuskulatur mit dem Erleben von Emotionen in Zusammenhang steht. Studien haben gezeigt, dass das Herstellen bestimmter Gesichtsausdrücke emotionsspezifische Muster des autonomen Nervensystems hervorruft. Ein Beispiel ist die Studie von Fritz Strack und Kollegen, bei der Probanden einen Stift entweder mit den Lippen oder mit den Zähnen halten mussten. Probanden, die den Stift mit den Zähnen hielten und dadurch einen Lachmuskel aktivierten, fanden Cartoons signifikant lustiger als diejenigen, die den Stift mit den Lippen hielten und so das Lächeln verhinderten. Neuere Forschungsergebnisse zeigen allerdings, dass der Zusammenhang zwischen Emotionen und ihrem körperlichen Ausdruck komplexer sind als in der Facial Feedback Hypothese angenommen wurde.
Auch die Körperhaltung hat einen Einfluss auf unsere Emotionen und unser Verhalten. Ein Experiment von Riskind und Gotay zeigte, dass Personen, die eine aufrechte Körperhaltung einnahmen, später aufgaben als diejenigen mit gekrümmter Haltung, was darauf hindeutet, dass die Körperhaltung Gefühle von Depression und Mutlosigkeit beeinflussen kann. Susana Bloch stellte fest, dass jede Emotion mit charakteristischen Veränderungen körperlicher Prozesse einhergeht, wie etwa neuromuskuläre, hormonale und biochemische Veränderungen. Diese Erkenntnisse unterstreichen die enge Verbindung zwischen körperlichen Zuständen und emotionalem Erleben.
Wie kann ich Embodiment im Alltag nutzen?
Wir können Embodiment-Techniken nutzen, um unser Selbstmanagement zu verbessern und unsere Lebensqualität zu steigern. Hier sind einige Beispiele:
- Achtsamkeit und Körperwahrnehmung: Durch Achtsamkeitsübungen können wir lernen, unseren Körper bewusster wahrzunehmen. Indem wir regelmäßig in uns hineinspüren und auf unsere körperlichen Empfindungen achten, stärken wir die Verbindung zwischen Körper und Geist.
- Körperliche Bewegung: Regelmäßige körperliche Aktivitäten, sei es durch Sport, Tanz oder Yoga, helfen dabei, Spannungen abzubauen und die Körperwahrnehmung zu verbessern. Bewegung fördert auch die Freisetzung von Endorphinen, die unsere Stimmung heben.
- Atmung: Bewusste Atemübungen können helfen, Stress zu reduzieren und das Wohlbefinden zu steigern. Tiefe, ruhige Atemzüge signalisieren dem Nervensystem, dass keine Gefahr besteht, und fördern Entspannung.
- Haltung und Mimik: Indem wir auf unsere Körperhaltung und Gesichtsausdrücke achten, können wir unsere Emotionen positiv beeinflussen. Eine aufrechte Haltung und ein Lächeln können helfen, eine positive Stimmung zu fördern, auch wenn wir uns zunächst nicht so fühlen.
- Selbstfürsorge: Sich Zeit für Entspannung und Selbstfürsorge zu nehmen, ist essenziell für unser Wohlbefinden. Aktivitäten wie ein warmes Bad, eine Massage oder einfach nur das Genießen eines ruhigen Moments können helfen, den Körper und Geist zu entspannen.
- Soziale Interaktionen: Positive zwischenmenschliche Beziehungen sind wichtig für unser emotionales und körperliches Wohlbefinden. Der Austausch mit anderen, sei es durch Gespräche, Umarmungen oder gemeinsames Lachen, stärkt die Verbindung zwischen Körper und Geist.
Indem wir Embodiment-Techniken in unseren Alltag integrieren, lernen wir, unsere Körperempfindungen und Emotionen besser zu verstehen und zu regulieren. Das kann unser Selbstbewusstsein und unsere Lebensqualität verbessern. Mehr dazu erfährst du in der Podcastepisode. Viel Spaß beim Hören!
Katja Tressel
Dieser Blogartikel begleitet die Podcastepisode „Körper, Geist und Gefühle: Embodiment im Alltag“ (von „Die Psychologinnen„); verfügbar überall wo es Podcasts gibt.