Wir alle kennen wohl das Gefühl, nicht alle Anforderungen bewältigen zu können, die in unserem beruflichen und persönlichen Alltag auf uns zukommen. Dann reagieren wird gestresst und das ist ein Zustand, den wir als unangenehm empfinden und oft als bedrohlich, kritisch und unausweichlich erleben. Dabei brauchen wir Stress in Maßen sogar, um unseren Alltag erfolgreich bewältigen und um Neues lernen zu können. Wird Stress allerdings chonisch, kann das langfristig negative Auswirkungen auf unsere psychische und körperliche Gesundheit haben.
Aber was ist Stress eigentlich und was genau stresst uns? Und vor allem: Was können wir tun, um Stress zu vermeiden oder zumindest einen gelasseneren Umgang mit Stress zu finden?
Stress in Maßen hilft uns dabei, unseren Alltag erfolgreich zu bewältigen. Chronischer Stress kann jedoch langfristig deine Gesundheit beeinträchtigen.
Lass uns mit einem kleinen Selbstexperiment einsteigen. Bitte ergänze spontan folgende Satzanfänge:
- Ich gerate in Stress, wenn …
- Ich setze mich selbst unter Stress, indem …
- Wenn ich unter Stress bin, dann…
Diese Fragen beschreiben drei Ebenen, die eine Rolle für unser Stresserleben spielen. Das sind zunächst Situationen bzw. Anforderungen unserer Umwelt. Dazu kommt die mentale Ebene, die deine Bewertungen und Einstellungen beinhaltet: das sind unsere persönlichen Stressverstärker. Die dritte Ebene ist schließlich die der Stressreaktion. Diese erfolgt körperlich (z. B. schnellere Atmung, höherer Puls), mental (z. B. durch innere Unruhe, kreisende Gedanken), emotional (z. B. Angst, Wut) erfolgen und kann sich im Verhalten äußern (z. B. motorische Unruhe, unkoordiniertes Arbeitsverhalten, Gereiztheit).
Drei Ebenen beeinflussen unser Stresserleben: unsere Umwelt, unsere Gedanken und Einstellungen und unsere Stressreaktion (körperlich, mental, emotional, Verhalten).
Stress, was ist das eigentlich?
Dabei ist Stress erstmal eine natürliche, unspezifische Reaktion auf Anforderungen aus unserer Umwelt (sogenannte Stressoren). Unser Gehirn scannt ständig unsre Umgebung und schätzt sehr schnell und in der Regel automatisiert ein, was jetzt gerade zu tun ist. Wenn wir in eine Situation kommen, die erstmal nicht bewältigbar erscheint, werden zwei Stressachsen im Körper aktiviert. Die erste Achse sorgt dabei dafür, dass schnell Energie für Kampf oder Flucht bereitgestellt wird und regt die Produktion von Adrenalin im Körper an. Ist die Gefahr schnell gebannt, wird die Adrenalinproduktion wieder eingestellt und der Körper kehrt in seinen „Normalmodus“ zurück. Dauert die Gefahr an, wird durch eine zweite, etwas langsamere Stressachse die Aktivierung aufrecht erhalten und neben Adrenalin nun auch Kortisol produziert. Der Körper stellt sich auf eine länger andauernde Auseinandersetzung mit dem Stressor ein.
Wichtig ist dabei: die Reaktion der schnellen Stressachse erfolgt immer vor der bewussten gedanklichen Bewertung einer Situation. Wie sensibel unsere Stressachsen reagieren, hängt übrigens unter anderem von genetischen Faktoren ab und wird außerdem durch die Erfahrungen mit unseren engsten Bezugspersonen in früher Kindheit geprägt. Auch diese biographischen Erfahrungen beeinflussen Dauer und Intensität unserer Stressreaktion bis ins Erwachsenenalter.
Stress. Was tun?
Was können wir also tun, um gelassener mit Stress umzugehen? Dafür gibt es zwei große Stellschrauben: Wir können die Anforderungen reduzieren, die an uns gestellt werden und wir können uns selbst stärken. Dafür ist es wichtig, dass wir unsere eigenen Stressoren kennenlernen und persönliche Strategien für den Umgang mit Stress entwickeln. Außerdem ist es gut, wenn wir viele unterschiedliche Strategien kennen, die wir je nach Situation flexibel einsetzen können. Manchmal ist vielleicht nur eine kurze Atemübung oder ein schneller Gang um den Block möglich, um erstmal „runterzukommen“, bevor wir mit einem kühlen Kopf und etwas Abstand die Situation analysieren und entscheiden, ob wir etwas ändern können und was wir dafür tun werden. Dann wieder ist Raum für ein Treffen mit guten Freund\:innen oder etwas zu tun, bei dem wir positive Gefühle erleben, z. B. ein Hobby zu pflegen.
Weitere Tipps sind dir vielleicht anderswo schon begegnet: regelmäßige Bewegung, viele kurze, aktive Pausen über den Tag verteilt oder das Führen eines Dankbarkeitstagebuches. Wenn du magst, nimm dir gleich einen Zettel und schreib dir 5-10 Dinge auf, die in deinem Leben gerade genau so bleiben sollen, wie sie sind.
Neben Bewegung, Entspannung und positiven Gefühlen, helfen auch mentale Strategien, um Stress zu reduzieren. Dazu ist es zuerst mal wichtig, dass wir uns mit unseren sogenannten inneren Antreibern, wie Perfektionismus oder allzu große Harmoniebedürftigkeit. Achtsamkeitsübungen können uns helfen, unsere unbewussten, automatischen Gedanken und Bewertungen in Stresssituationen immer bewusster wahrzunehmen und unsere Gedanken so zu verändern, dass sie unsere Stressreaktion nicht weiter verstärken. Ebenso wichtig ist es, dass wir lernen, unsere Bedürfnisse wahrzunehmen und so zu kommunizieren, dass sie erfüllt werden können. Eine Möglichkeit dafür ist die gewaltfreie Kommunikation nach
Stress ist in höchstem Maße individuell! Deswegen ist es wichtig, unsere persönlichen Stressoren zu kennen und individuelle Stressbewältigungsstrategien zu entwickeln.
Du siehst: es gibt einen bunten Strauß an Möglichkeiten, um gelassener mit Stress umgehen zu können. Deine eigenen Strategien zu finden und einzuüben, ist ein fortlaufender Entwicklungsprozess. Wichtig ist, dass du dabei geduldig und freundlich mit dir umgehst, eine gewisse Neugierde für deine Stressoren entwickelst und immer wieder verschiedene Bewältigungsstrategien ausprobierst.
Gesundheitskurse zur Stressprävention, in denen du gemeinsam mit anderen Strategien für den flexiblen Umgang mit Stress ausprobieren kannst, werden sogar von deiner Krankenkasse bezuschusst, sofern sie von der zentralen Prüfstelle zertifiziert sind. In der Regel kannst du auf der Internetseite deiner Krankenkasse unter der Rubrik „Gesundheitskurse“ nach entsprechenden Kursen suchen, die online oder in deiner Region angeboten werden (Stichwort: Stressmanagement).
Katja Tressel
Dieser Blogartikel begleitet die Podcastepisode „Stress lass nach! Multimodale Stressbewältigung und Stressprävention für euren Alltag“ (von „Die Psychologinnen„); verfügbar überall wo es Podcasts gibt.